Schachgeschichte
Ursprung des Schachspiels
Über die Entstehung des Schachspiels bestehen unterschiedliche Auffassungen. Vor allem Indien und China werden als Ursprungsländer genannt.
Es ist verwandt mit Xiangqi (Chinesischem Schach) in China und Shōgi in Japan.
In Indien entstand vermutlich in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung aus dem dort traditionellen 8x8-Felder-Brett unter grundlegenden Motiven und Figuren des ur-chinesischen Schachs das Spiel Chaturanga (Bedeutung: "vier Elemente" oder "vier Teile"). Die vier Teile der Armee waren Rath (Streitwagen: Turm), Ashwa (Pferd: Springer), Haathi (Elefant: Läufer) und Sainik (Soldat: Bauer). Die Züge wurden durch Würfeln bestimmt.
Daraus entwickelte sich um das Jahr 600 das Zweischach Schatrang. Eine zusätzliche Figur, der Farsin (Ratgeber des Königs, heute Dame) wurde eingeführt. Die Spieler bestimmten nun selbst, mit welcher Figur sie ziehen wollten. Am Ende des 6. Jahrhunderts wurde dieses Spiel unter dem Namen Shatranj (sprich: Schatrandsch) in Persien bekannt.
Schachpartie von Ludwig Deutsch (1855-1935).
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Verbreitung in Europa
Nach Europa kam das Spiel durch die die Iberische Halbinsel erobernden Araber im 8. Jahrhundert. Orient und Okzident standen sich keineswegs ständig unter Waffen gegenüber. Es gab regen kulturellen Austausch, der von der Kirche nicht nur gutgeheißen wurde. Die erste Erwähnung des Schachspiels in Europa findet sich auf einer Geschenkeliste des Emir von Cordoba im Jahr 1010. Das Spiel fand schnell Verbreitung in der Oberschicht.
Von Spanien aus verbreitete sich Schach nach Italien und in die Provence. Daher auch die Namen sehr alter Eröffnungen, beispielsweise der Spanischen Partie und der Italienischen Partie.
Am beliebtesten war das Spiel bei Rittern. Bereits im 11. Jh. gehörte es neben Reiten, Schwimmen, Schießen, Ringen, Vogelfang und Saitenspiel zu den sieben Künsten der Ritter.
Die Einordnung des Schachs seitens der Kirche fiel zwiespältig aus. Die Belege reichen von schachspielenden Bischöfen bis zum Verbot des Schachs durch den Trierer Bischof im Jahr 1310, da er befürchtete, daß Schach ein Suchtmittel sei.
Erstes internationales Schachturnier am Hofe König Philipps II.
von Spanien 1575, Gemälde von Luigi Mussini (1886)
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Moderne Schachregeln
Im Vergleich zum heutigen dynamischen Schach war das Spiel damals viel langsamer. Die Bauern konnten auch mit dem ersten Schritt nur ein Feld vorrücken; die >Powerdame< von heute war ein kleiner Wesir der nur einfache Schrägschritte machen konnte. Die Läufer durften auf ihrer Diagonale nur auf das übernächste Feld springen, allerdings auch über Figuren hinweg. Die Rochade war unbekannt.
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts setzten sich dann die modernen Schachregeln durch: Bauern dürfen bei ihrem ersten Zug zwei Felder weit ziehen, Läufer dürfen diagonal beliebig weit ziehen und die Dame darf in alle acht Richtungen beliebig weit ziehen, wodurch sie von der schwächsten zur mächtigsten Figur auf dem Brett wurde. Durch diese Änderungen gewann Schach an Tempo, was ihm zu höherer Popularität verhalf.
Neuzeit
Ende des 15. Jh. führten die neuen Regeln, nach denen schon ein Fehler in der Eröffnung die ganze Partie entscheiden konnte, zu einem Boom an Schachbüchern. In ihnen kamen die Theoretiker zu Wort, die die Eröffnungslehre zu einer Wissenschaft machten, die sie bis heute geblieben ist. Als einer der größten Autoren sei hier der Spanier Ruy Lopez erwähnt. Er galt in damaliger Zeit als Meister seines Fachs.
Um das Jahr 1500 entstand die Göttinger Handschrift, darin werden die neuen Spielregeln und verschiedene Eröffnungen beschrieben. Im Jahr 1616 wurde das erste Schachlehrbuch in deutscher Sprache gedruckt: „Das Schach- oder König-Spiel“ von Gustavus Selenus.
Die unangefochtene Schachmetropole des 18. Jh. war das berühmte >Café de la Régence< in Paris. Im Jahr 1740 begann hier der Aufstieg des 14jährigen Francois Philidor. In späteren Jahren reiste Philidor als Berufsspieler zwischen England und Frankreich hin und her, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Namhafte Persönlichkeiten spielten im Café gegen Philidor: Voltaire, Rousseau, Diderot war regelmäßig Gast im Régence. Auch Napoleon und Benjamin Franklin versuchten sich hier.
Im Jahr 1769 baute Wolfgang von Kempelen den berühmten Schachtürken.
Diese Schachmaschine erregte zur damaligen Zeit großes Aufsehen, da sie der erste Automat war, der scheinbar Schach spielen konnte.
Tatsächlich befand sich in der von Wolfgang von Kempelen gebauten Maschine jedoch ein versteckter kleinwüchsiger Schachspieler.
Nach vierzehn Jahren als Ausstellungsstück im Peale's Museum in Philadelphia verbrannte der türkische Schachspieler am 5. Juli 1854 bei einem Feuer.
Eine moderne Rekonstruktion des Schachtürken ist Teil einer Dauerausstellung im Heinz Nixdorf Museumsforum in Paderborn.
Das Bild zeigt einen Kupferstich aus dem Buch: Freiherr Joseph Friedrich zu Racknitz, Ueber den Schachspieler des Herrn von Kempelen, Leipzig und Dresden 1789.
In Europa wurde das Schach zu einem Lieblingsspiel des Bürgertums. Die Regeln wurden seit dem frühen 19. Jahrhundert kaum noch verändert. Ab 1813 erschien im Liverpool Mercury die erste Schachspalte. Im Jahr 1834 fand in London eine Serie von Wettkämpfen zwischen Alexander MacDonnell und Louis de La Bourdonnais statt. 1846 erschien erstmals die Deutsche Schachzeitung.
Die heute allgemein übliche Figurenform, genannt Staunton, wurde 1849 von Nathaniel Cook kreiert, von dem damals führenden Spieler Howard Staunton propagiert und 1924 vom Weltschachverband (FIDE) bei dessen Gründung übernommen.
Das erste internationale Turnier wurde 1851 in London abgehalten; es siegte der deutsche Spieler Adolph Anderssen. 1858 kam der Amerikaner Paul Morphy nach Europa, der in seiner Heimat alle Gegner besiegen konnte. Nachdem er Anderssen und andere europäische Spitzenspieler deutlich geschlagen hatte, kehrte er 1859 nach Amerika zurück und wandte sich vom Schachspiel ab. Inoffiziell gilt Morphy als erster Weltmeister in der Geschichte des Schachspiels.
1867 wurden bei Schachturnieren erstmals mechanische Schachuhren verwendet. 1870 wurde das erste Schachturnier in Deutschland in Baden-Baden ausgetragen. Im Jahr 1877 wurde der Deutsche Schachbund gegründet. Wilhelm Steinitz und Johannes Zukertort spielten 1886 den ersten offiziellen Wettkampf um die Schachweltmeisterschaft.
Heute
1914 fand in Sankt Petersburg (Russland) ein bedeutendes Turnier statt. Nach Beendigung schuf Zar Nikolaus II. den Titel Großmeister des Schachs und vergab ihn an die fünf Finalisten Emanuel Lasker, Aleksandr Aljechin, José Capablanca, Siegbert Tarrasch und Frank Marshall.
1924 gab es Bemühungen, Schach in das Programm der Olympischen Spiele aufzunehmen. Diese Bestrebungen scheiterten jedoch am Profistatus der meisten Spieler. Daraufhin wurde auf Initiative des Franzosen Pierre Vincent am 20. Juli 1924 die Fédération Internationale des Echecs (FIDE), der Schachweltverband gegründet,
1927 fand dann in London die erste Schacholympiade statt. Nach dem Tode Aljechins 1946 übernahm die FIDE die Veranstaltung der Schachweltmeisterschaft.
Ab 1945 zeigte sich eine deutliche Überlegenheit der staatlich geförderten Sowjetischen Schachschule gegenüber den westlichen Schachmeistern. Der Sieg von Bobby Fischer über Boris Spasski im so genannten Match des Jahrhunderts wurde daher in der Zeit des Kalten Krieges propagandistisch verwertet.
Die FIDE führt seit 1948 offizielle Schachweltmeisterschaften durch. 1993 führte der damals amtierende Weltmeister Garri Kasparow den anstehenden Wettkampf gegen seinen Herausforderer Nigel Short nicht unter der Ägide der FIDE durch, sondern unter der eigens für diesen Zweck gegründeten Professional Chess Association (PCA).
Die damit begonnene Spaltung der Schachwelt wurde erst durch den Wiedervereinigungskampf 2006 zwischen dem „Weltmeister im klassischen Schach“ Wladimir Kramnik und dem FIDE-Weltmeister Wesselin Topalow beendet, den Kramnik gewann.
Die letzte Schachweltmeisterschaft 2014 wurde vom 7. bis zum 23. November 2014 in Sotschi als Zweikampf zwischen dem Titelverteidiger Magnus Carlsen und Viswanathan Anand als Herausforderer ausgetragen. Nach elf von zwölf angesetzten Partien lag Carlsen uneinholbar mit 6,5:4,5 in Führung und verteidigte damit seinen Weltmeistertitel.
Der nächste WM-Kampf ist für 2016 in den Vereinigten Staaten geplant.
Quellenhinweise